Das Reisethema

Reisethema – Spessart

Im tiefen Wald, da wo die Räuber sind

Wilhelm Hauff, der vielseitige Dichter, nahm sich auch den Spessart zum Thema. Leider aber liess er es an genaueren Beschreibungen fehlen. Sein Sinn hatte sich zu sehr auf die Räuber gerichtet, die dort zuhause waren, und auf das Wirtshaus im Spessart, das mit ihnen zu tun hatte.

Immerhin geht aus Hauffs Text hervor, dass man stundenlang reiten konnte, ohne aus dem Wald herauszukommen - und das ist auch heute noch richtig. Der Spessart ist Deutschlands grösstes zusammenhängendes Waldgebirge. Die Wälder sind dicht, die Orte dünn gesät.

Das ist historisch begründet. Das Mittelgebirge mit seinen abgerundeten Kuppen und den langgezogenen Tälern diente schon in früher Zeit den Erzbischöfen von Mainz als Jagdrevier. Sie achteten drauf, dass der Spessart nicht - wie andere Waldgebiete jener Zeit - kahlgeschlagen wurde, um das Holz zu verkaufen oder zu verfeuern. So blieb er ein geschlossener Forst, bis heute.

Allerdings hat sich der Charakter dieses Waldes im Lauf der Jahrhunderte geändert. Früher war es ein riesiger Eichenhain; das muss grossartig ausgesehen haben. Viele Vögel lebten dort und man nannte ihn deshalb den "Spechtswald". Im Nibelungenlied wird er als "Spehtshart" beschrieben. Das bedeutete "Bergwald der Spechte".

Die Eichen sind verschwunden - Stück um Stück gefällt und verkauft. Doch sie wurden im Norden durch Fichten und Kiefern ersetzt, die schneller wachsen und früher Ertrag bringen. Im Süden findet man mehr Buchen. Allerdings versucht man nun, die Spessart-Eiche wieder anzusiedeln.

Fast das ganze Gebiet ist zum Naturpark erklärt worden - zum grössten geschlossenen Naturschutzgebiet in Deutschland. Es gibt zahlreiche Naturlehrpfade, auch eine grosse Reihe von Wildgehegen. Und natürlich viele, viele Wanderwege.

Die Städte liegen am Rand des Gebiets: Fulda und Bad Brückenau, Bad Orb, Gelnhausen, Wertheim und Aschaffenburg. Bad Orb, das kleine Herz-Heilbad, sucht in Deutschland seinesgleichen. Nicht nur wegen der hier verabreichten Mineral-Solekuren. Sondern wegen seines Ortsbildes: Der unregelmässig angelegte Stadtkern mit seinem Fachwerkgewimmel ist noch ein Stück Mittelalter.

Aschaffenburg gilt als die Hauptstadt des Spessart. Es ist keine Grossstadt, aber grosszügig angelegt. Das besorgten schon die Erzbischöfe von Mainz, die hier in Schloss Johannisburg eine Residenz hatten. Dieses Schloss ist eines der grossartigsten Baudenkmäler der Spätrenaissance; seine Gemäldesammlung und die feudalen Wohnräume sind sehenswert.

Westlich des Mains, also streng genommen nicht mehr im Spessart, liegt der Englische Park Schönbusch: der erste klassische Landschaftsgarten, den Deutschland besass.

Und wo ist das Wirtshaus im Spessart, das berühmt-berüchtigte, über das Wilhelm Hauff so herrlich schrieb? War es nur eine Erfindung?

Nein. Es stand bei Rohrbrunn, halbwegs zwischen Wertheim und Aschaffenburg. Dort sehen Sie jetzt eine Autobahn-Raststätte. Allerdings war das Wirtshaus, das man dort abriss, längst nicht mehr das alte, historische, das Wilhelm Hauff noch vor Augen hatte.

Aber dieses Rohrbrunn ist dennoch nicht unwichtig. Von hier können Sie zum höchsten Punkt des Waldgebirges hinaufsteigen, dem 585 Meter hohen Geiersberg.


© by PhiloPhax - Lauftext
Weitere Publikationen: Reiserat <> Schwarzwald.net <> Neckarkiesel