Das Reisethema

Reisethema – Lüneburger Heide I

Wo Schafe für Naturschutz sorgen

Es ist eine eigentümliche Landschaft, diese Lüneburger Heide - eigenartig und melancholisch.

Heidekraut und Wacholderbüsche, Birken und alte Eichen bedecken weite Flächen im Waldgebiet zwischen den Städten Lüneburg und Celle, Ülzen und Soltau. Man versucht schon lange, diese Heideflächen künstlich als Schutzgebiete zu erhalten. So entstand bereits 1909 am Wilseder Berg der Kern des heutigen Naturparks Lüneburger Heide. Später kam als zweiter der Naturpark Südheide hinzu, nördlich von Celle.

Die bekannteste und beliebteste Pflanze ist hier das Heidekraut. Es gibt zwei Arten: Glockenheide und Besenheide. Die eine blüht im Mai, die andere im August. Ihre rotvioletten Blüten sorgen dafür, dass dann das einst berühmte Lied "Grün ist die Heide" farblich nicht mehr stimmt.

An moorigen Stellen im Heideland trifft man auch auf seltenere Pflanzen, beispielsweise auf den fleischfressenden Sonnentau und die Schachblume, auf Orchideen, die Kuckucksblume und das Tausendgüldenkraut.

Was kaum noch jemand weiss: Diese typische, vielbesungene Heide ist gar keine Naturlandschaft. Sie entstand ganz unbeabsichtigt, aber durch Zugriff der Menschen. Noch lange nach dem Mittelalter war diese Gegend von leichtem Mischwald überzogen. Dann, im 17. Jahrhundert, brauchte die Saline Lüneburg viel Holz, um ihre Sudkessel zu heizen. Der Wald wurde abgeholzt. Mit Nadelbäumen forstete man neu auf, aber das gelang nur zum Teil.

Denn inzwischen hatte irgendjemand die Heidschnucken eingeführt (vielleicht, wie behauptet wird, aus Sardinien). Es sind genügsame Wildschafe - entweder weiss und ungehörnt oder aber mit grauschwarzem, zottigem Fell und eigenartig geformten, kräftigen Hörnern. Diese Heidschnucken frassen nun an vielen Stellen die Schösslinge der neugepflanzten Kiefern ab. So blieben grosse Lichtungen, auf denen sich das vordem nur gelegentlich auftretende Heidekraut ausbreitete. Es gedieh ungehindert, weil die Heidschnucken - ausser diesem Heidekraut und dem Wacholder, die sie verschmähen - jeden anderen Bewuchs buchstäblich im Keime erstickten. Ohne Heidschnucken funktioniert die Lüneburger Heide auch heute noch nicht.

Es gab viele und grosse Herden dieser Schafe. Solange sie weideten, behielt die Heide ihr romantisches Gesicht. Aber die Tiere wurden weniger. Einst waren es 400 000, heute sind es vielleicht noch 20 000 - etwa 40 Herden, die vor allem in den Naturparks weiden und dort auf ihre Art für den Naturschutz sorgen. An anderen Stellen, wo die nachwachsenden Bäume nicht mehr gestört werden, sind längst wieder Wälder entstanden.


© by PhiloPhax - Lauftext
Weitere Publikationen: Reiserat <> Schwarzwald.net <> Neckarkiesel