Das Reisethema

Geschichte in Geschichten:
Londons königlich-krimineller Tower III

von Rolf Lohberg

Eine Geschichte feinsinniger Morde

Im fünften Kapitel tritt, schwer und gewichtig, Heinrich VIII. auf, der uns von seinen vielen Frauen her lieb und vertraut ist.

Seine erste heiratete er im Tower, in der Königsburg. Das war nett von ihm. Aber die zweite und fünfte köpfte er dort. Das hätte ihn bei seinen Zeitgenossen fast um den Ruf eines Gentleman gebracht.

Freilich verabschiedete er sich nicht nur von Damen auf diese ritterliche Weise. Auch Sir Thomas Moore und Bischof John Fisher (beide eingesperrt im Bell Tower), dem Earl von Essex und dem Earl of Surrey (eingesperrt im Devereux Tower) liess er den Hals abschneiden. Neben vielen anderen.

Heinrich hatte, und das führt uns nun schon ins sechste Kapitel, zwei charmante Töchter. Die eine, Elisabeth, kennen wir von Schiller her; die andere, Maria, aus der Bar, als Bloody Mary (zu deutsch "Maria die Blutige" - Wodka mit Tomatensaft). Die räumte unter anderen eine ganze Familie beiseite, die ihr im Wege war: Papa, Tochter und Schwiegersohn.

Während der Ehemann - Lord Dudley - den Kopf verlor, durfte seine junge Frau - Lady Jane - zusehen. Sie war erst für den Nachmittag vorgemerkt.

Dann sperrte Mariechen ihre Schwester Elisabeth, in den Bell Tower. Und wenig später starb sie.

Elisabeth marschierte straks aus dem Turm auf den Thron und liess den Herzog von Norfolk köpfen. Auch ihr Liebhaber Essex musste leider dran glauben; er hatte sich unehrerbietig verhalten. Elisabeth weinte zwar ein bisschen, aber Ordnung muss sein.

Das siebte, achte und neunte Kapitel überschlagen wir. Sie bringen wenig Neues. Das zehnte zeigt uns die Hinrichtung von Lord Lovat im Jahr 1747, die nur insofern bedeutsam ist, als der ehrenwerte Lord des Towers letzter Geköpfter war. Fortan wurde nur noch gehenkt, und dazu war sich der Tower zu vornehm.

Im elften Kapitel sehen wir dann des Towers vorläufig letzten prominenten Gefangenen: Rudolf Hess. Der sass im "Queens House" ein, der heutigen Wohnung des Tower-Gouverneurs, und diese Ehre teilte er mit einer ungleich berühmteren Figur der Zeitgeschichte: 400 Jahre vor ihm wurde Anna Boleyn, Heinrich VIII. zweite Frau, hier festgehalten.

Heute sind wir im zwölften Kapitel. Da nicht mehr geköpft wird, zeigt man wenigstens Kronen. Im Wakefiels Tower sind die Kronjuwelen ausgestellt: Zepter, Reichsäpfel, Diamanten und ähnlich hochgeborenen Schmuck. Die düsteren, feuchten Gebäude und die in die Kerkerwände gekratzten Jammerbotschaften passen gut dazu. Lieblich allein ist der prächtige Rasen "Tower Green". Unter ihm liegen düngend die kopflosen Herrschaften.

>> Londons königlich-krimineller Tower I


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